Vertrags-Roundhouse-Kick: Santana, Linkin Park, Limp Bizkit

28 10 2010

Einmal eine kurze Zusammenfassung der Vertrags-Perlen der letzten Wochen – die üblichen Passagen lasse ich unerwähnt:

Linkin Park

– Magazine dürfen die Bilder nur sieben Tage verwenden.
– Im Linkin-Park-Fotovertrag steht drin, dass Fotografen beim Linkin-Park-Konzert nur Linkin Park fotografieren dürfen
– Das Management darf bei schlechtem Benehmen des Fotografen dessen Equipment konfiszieren und dessen Filme (sic!) zerstören.

Santana
Ich glaube, der längste und komplizierteste Fotovertrag, den ich bisher gesehen habe – witzige Randnotiz: Auf dem Scan sieht man noch die Löcher der Tackerklammer.

– Dafür, dass das Santana-Management einem die Fotoberechtigung gewährt, hat der Fotograf „nicht später als 14 Tage jede (sic!) Aufnahme“ von der New Santana Band oder Carlos Santana zuzusenden. Selbstverständlich gewährt der Fotograf dem Management sämtliche

Rechte, inkl. kommerzielle Verwertung. Aber: Dafür soll der Fotograf namentlich genannt werden – wie nett.

Interessanterweise gab es einen Nachtrag nach Protesten der Fotografen: Eben beschriebener Absatz durfte gestrichen werden, wenn der Akkreditierte für eine Agentur (aber nur für die, freie Fotografen ohne Agentur mussten den Passus drin lassen) tätig ist.

Limp Bizkit
Dem Zusenden des Vertrages ging eine Akkreditierungs-Zusammenstreichung voraus, sodass weniger als eine Handvoll überhaupt auf der Foto-Liste standen. Zu dem Konzert ist aber aus Protest kein Fotograf erschienen – hier hatte ich schon drüber berichtet.




Spontanes Protestfoto gg. Rammstein-Vertrag

15 12 2009

Noch weiß ich nicht, wie erfolgreich der Boykott final nun war, aber rund 20 Fotoschaffende haben ihre Unterstützung gegen den Rammstein-Vertrag bekundet, für das spontan geplante Protestfoto der Hambu

rger Konzerfotografen waren immerhin 9 Kollegen da. Offenbar hat die Mopo einen schwarzen Kasten gedruckt und über den Protest berichtet, auch wenn nicht so viele da waren, ist das finde ich ein Anerkennungserfolg. Im ConcertBlog ist die Aktion auch erwähnt, hier nochmal der Wortlaut unserer Meldung:

Konzertfotografen in Hamburg

Hamburger Konzertfotografen boykottieren das Rammsteinkonzert am 14.12.2009 aufgrund von Knebelvertraegen. Stellvertretend auch fuer viele weitere Kollegen trafen sich spontan die Fotografen Philipp Szyza – 2-kameraden, Christian Fischer – Buehnenblicke, Rainer Merkel, Joerg-Martin Schulze – jms-photo, Carsten Schem – Concert Views, Marco Maas – Fotograffirma, Heiko Sehrsam – Pics Hamburg, Nicola Ruebenberg – Face To Face, Isabel Schiffler – Jazz Archiv, Markus Lubitz – Jazz Archiv zum gemeinsamen Protestfoto.

Der Vertrag der Rammstein GbR reduziert u.a.

die Verbreitungsmoeglichkeiten der Konzertfotos auf ein einziges, namentlich zu bezeichnendes Medium und beinhaltet, dass Rammstein die Bilder gratis für eigene Zwecke nutzen darf. Bildjournalistinnen und -journalisten sollen der Band gestatten, Fotos für die Nutzung auf Webpages von Rammstein oder dem Management der Band ohne gesonderte Verguetung nutzen.

jfdghjhthit45



Fotovereinbarungen und Fotoboykott Rammstein

8 12 2009

Gestern wurde der Hamburger Fotografenschaft der aktuelle Rammstein-Fotovertrag zugeflüstert. (s. auch entsprechenden Beitrag bei Peter in der Konzertfoto-FAQ) Di

e Verträge gelten als die härtesten überhaupt, wichtigste Eckdaten:

– ausschließlich redaktionelle Berichterstattung für EIN Medium, Nutzung der Bilder für maximal 1 Jahr.
– pauschaler und expliziter Ausschluss von Online-Medien

Weitergehende Verwertungsrechte werden Seitens RAMMSTEIN nicht übertragen und sämtliche weitergehenden Rechte bleiben vorbehalten.

PARTNER räumt RAMMSTEIN das Recht ein (inhaltlich, örtlich und zeitlich unbeschränkt), die Fotografien auf durch RAMMSTEIN und/oder ihrem Management betriebenen Webpages ohne gesonderte Vergütung abzubilden; für diese Zwecke wird PARTNER RAMMSTEIN auf Anforderung die den Fotografien zu Grunde liegenden Negative, Dateien o.ä. zur Verfügung stellen. PARTNER steht dafür ein, daß Rechte Dritter dieser Verwertung nicht entgegenstehen. Die Rechtseinräumung ist durch das durch RAMMSTEIN PARTNER eingeräumte Recht zur Nutzung der Fotografien im Umfang des Vertrages abgegolten.

Und damit alles seine Ordnung hat:

Diese Vereinbarung unterliegt deutschem Recht. Gerichtstand ist

Berlin.

So, wie es aussieht, wollen sich alle Hamburger Fotografen an dem Boykott beteiligen. Ich habe gerade leider keine Zeit, die rechtlichen Aspekte des Vertrages zu diskutieren, bei Peter (s. o.) ist die Diskussion dazu auch bereits in Gang.

jfdghjhthit45



Muse – Mal wieder eine Fotovertrags-Perle

27 10 2009

Gerade habe ich per Mail den Fotovertrag für die von mir an sich hochgeschätzte Emo-Truppe „The Muse“ erhalten, der ein paar Schmankerl beinhaltet.

Muse muss schnorren –

Haste mal n' Euro?

RE: MUSE – PHOTOGRAPHER’S AGREEMENT (Date)
In consideration of the sum of £1, (receipt of which is hereby acknowledged), the parties hereby agree as follows: (…)

Wird vermutlich ein symbolischer Wert sein, den die da eintragen, und kein Fotograf wird das bezahlen müssen, ist mir aber bewusst vorher noch nie aufgefallen bei Verträgen.

Dann der übliche Kram – keine Poster, nur redaktionelle Nutzung.

Positiv: Es wird dem Fotografen explizit das Recht eingeräumt, die Bilder für das eigene Portfolio zu nutzen.

Indisktuabel:

(…) 3. Subject to the licence in clause 1 above you hereby assign (by way of present and future assignment) to MTL with full title guarantee the entire worldwide right, title and interest in and to the Photographs, including the copyright therein and grant to MTL all necessary consents to allow MTL to use and exploit the Photographs in any manner whatsoever and agree to deliver the same to MTL promptly upon request.

Nicht nett, aber leider oft Standard, kann man boykottieren, muss man aber nicht.

Cool ist Absatz 5:

5. Snapshot photography may under no circumstances be used as front cover photography, unless prior approved in writing by MTL.

Das deute ich als Nicht-Muttersprachler so: Handy- und Knipsen-Fotos

dürfen nicht auf ein Titelblatt. Ironie an: Und vermutlich bekommen alle Besucher in den ersten drei Reihen diesen Fotovertrag vorgelegt.

jfdghjhthit45



Abendblatt über Fotoboykott bei Tom Jones

8 10 2009

Ich hatte die letzten Tage so gar keine Luft für andere Dinge, deswegen ist der Tom-Jones-Fotografen-Boykott hier noch kein Thema gewesen. Aber: Es klappt erfreulicherweise auch ohne mich. Das Hamburger Abendblatt stellt sich mit einer //www.abendblatt.de/kultur-live/article1217291/Keine-Fotografen-vor-dem-Freigehege-des-Tigers-Tom-Jones.html“>Glosse hinter die Fotografen und veröffentlicht den Artikel mit einem Foto-Platzhalter:

Keine Fotografen vor dem Freigehege des Tigers Tom Jones

7. Oktober 2009, 06:00 Uhr
Mensch, Tom, wir hätten dich gerne gezeigt, ehrlich, in all deiner nicht mehr kolorierten grauen Löckchenpracht und mit deinem Tigerlächeln im tränensackbefreiten Gesicht. Schließlich kommst du heute Abend bei uns in Hamburg vorbei, und auch wenn das nicht mehr viele so sehen: Du bist ein Großer.

HAMBURG. Vielleicht kannst du auch gar nichts dafür, dass dein Management sich so danebenbenimmt. Aber nachdem wir mitbekommen haben, dass Fotografen, die dich auf deinem Konzert im CCH ablichten wollen, einen Knebelvertrag unterschreiben müssen, ist uns irgendwie alle Lust auf ein Foto von dir vergangen. Darum bleibt die Fläche links neben diesem Text heute mal frei; vielleicht inspiriert sie deine Fans zum Ausmalen?

Was die Freude auf meiner Seite allerdings wieder

ein wenig schmälert: Die Abendblatt-Web-Kollegen können offenbar nicht ohne Bildergalerien leben und haben eine Galerie aus Archivbildern erstellt, die die Solitaritätsbekundungen leider wieder etwas relativieren.

(Rahmenbedingungen waren im Grunde genommen: Keine Agenturfotografen, Jones erhält das Recht, kostenlos jedes beliebige Foto zu Werbezwecken zu verwenden, Akkreditierung nur mit bestätigtem Auftrag).

UPDATE: Peter hat eine etwas deprimiertere Meinung als ich.

jfdghjhthit45



TAZ boykottiert die Leichtathletik-WM

6 08 2009

Vermutlich haben es außer mir schon alle mitbekommen, dann ist es eher die selbst auferlegte Chronistenpflicht, die mich den etik-WM Berlin 2009 wegen der Akkreditierungs- und Überprüfungs-Praxis hier erwähnen läßt.

Zwei Formulare mussten im Vorfeld der WM ausgefüllt werden, eines mit Angaben zur Person und der auftraggebenden Zeitung. Das entspricht dem üblichen Prozedere. Doch das BOC verlangte mehr: zusätzlich eine „Einverständniserklärung zur Durchführung einer Zuverlässigkeitsprüfung“ der Person „gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 5 ASOG Berlin“. ASOG, das steht für das Allgemeine Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin. In dem besagten Paragrafen steht, dass „die Ordnungsbehörden und die Polizei personenbezogene Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs übermitteln können, soweit das erforderlich ist oder der Auskunftsbegehrende (das BOC; d. Red.) ein berechtigtes Interesse geltend macht (…).“

Unterschreibt man diese Einverständniserklärung, dann läuft eine geölte Maschinerie der Überprüfung an. Das BOC stellt umgehend eine Anfrage beim Polizeipräsidenten in Berlin (Landeskriminalamt 574) „über Erkenntnisse“ zur Person. Folgende Datensammlungen der Polizei werden genutzt zum Personencheck: das Landesdatensystem POLIKS, das

Informationssystem Polizei INPOL, INPOL neu – das ist eine bundesweite Staatsschutzdatei, Dateien des polizeilichen Staatsschutzes Berlin, die Datei „Gewalttäter Sport“ sowie „vergleichbare Datensammlungen der Polizei des Bundes und der Länder“, wie es heißt.

Doch damit nicht genug. Der Antragsteller muss auch noch einwilligen, „dass durch das LKA 574 eine Anfrage bei der Verfassungsschutzbehörde des Landes Berlin“ erfolgt. Eingebunden sind darüber hinaus der Verfassungsschutz der Länder und des Bundes sowie der Bundesnachrichtendienst. Wer da nicht mitmacht, kriegt keine Akkreditierung.

Da die WM durch die privatwirtschaftliche BOC organisiert wird, scheint es keine Rechtshandhabe zu geben, gegen diese überzogene Sicherheitspolitik vorzugehen. Wieder sind es hauptsächlich die freien Kollegen, die gar keine andere Chance haben, als sich zu akkreditieren und die Gängelung über sich ergehen zu lassen, wenn sie überhaupt berichten wollen. Interessant auch:

Verwunderlich ist in diesem Verfahren auch, dass die Datei „Gewalttäter Sport“ mit aufgeführt ist in der Prüfliste des LKA. Denn das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat im Dezember 2008 ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover bestätigt, dass es keine Rechtsgrundlage für die Speicherung von etwa 10.000 Fußballfan-Daten in diesem Register gibt; eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht steht aus.

„Es lag nahe, dass die Zuverlässigkeitsprüfung wegen der Größe und der Internationalität der Veranstaltung gemacht wird“, sagt Cem Herder, Sprecher des Organisationskomitees. Zwei ehemalige Polizeidirektoren kümmerten sich innerhalb des BOC um Sicherheitsaspekte, erklärt er, Exekutive und BOC arbeiteten eng zusammen.

Ich hab mal die Kategorie „Pressefreiheit“ angelegt, vermutlich gibt es da in den nächsten Wochen und Monaten noch ein paar Fälle mehr. (via fefe)

jfdghjhthit45



Freelens: Britney ohne Medienpräsenz

26 07 2009

Britney Spears tourt durch Deutschland – und das durch die Verträge quasi ohne Berichterstattung. Freelens über Fotoverträge, neue Negativ-Beispiele: Beastie Boys,

My Chemical Romance, die andere

n genannten sind den geneigten Lesern schon aus diesem Blog bekannt.

(…)
Spears hinterlässt auf ihrer Tour eine regelrechte Spur der Verwüstung. Denn bereits in Stockholm haben die führenden Tageszeitungen, Dagens Nyheter, Svenska Dagbladet, Expressen und Aftonbladet boykottierten das Konzert. Auch hier wollte Spears die Verwendung der Bilder 30 Tage nach dem Konzert untersagen. Roger Turesson, der Fotochef von Dagens Nyheter bringt das Motiv für die Verweigerung auf den Punkt: „Im nächsten Schritt fordern sie von den Feuilletonisten nichts Kritisches mehr zu schreiben.“
(…)

jfdghjhthit45



Update: Neuer Coldplay-Vertrag

11 09 2008

Ich fühle mich gerade wie ein kleiner Revoluzzer – nach dem

nicht akzeptablen Vertrag vom Dienstag hatte ich nochmal erfolglos versucht, über den Veranstalter beim Management einen anderen Vertrag zu bekommen. Gleichzeitig hatte ich eine Anfrage an die Hamburger Tageszeitungen, Agenturen, die üblichen Fotografen und NDR 2 sowie N-JOY geschickt und wollte wissen, ob sie bei einem etwaigen Boykott der Berichterstattung teilnehmen würden. Eigentlich alle waren erfreulicherweise dabei. Soeben flatterte dann überraschend ein neuer, absolut vertretbarer Vertrag ins Postfach, das verschönt den Tag. Und ich kann sagen, dass ich etwas für die Pressefreiheit in Deutschland getan habe – einig sind wir stark! Forza!