Fotoboykott My Chemical Romance und Artikel von N-JOY

5 11 2010

Gestern spielten My Chemical Romance im Hamburger Grünspan, wenn alles gut gelaufen ist, mal wieder

begleitet von einem Komplett-Boykott der Hamburger Fotografen.

Der Fotovert

rag ist bemerkenswert, weil in ihm eine Klausel steht, die meiner Meinung nach eine Übertragung der Nutzungsrechte (nicht sämtlicher Rechte, in Deutschland ja bekanntlich nicht möglich) so ermöglicht, dass ein Gericht einen gültigen Vertrag anerkennen könnte.

Der Kniff, den sich das Management überlegt hat: Der Fotograf erklärt, dass er als Leiharbeiter für die Band tätig wird, die Bilder einmalig an ein anderes Medium verkaufen darf und sämtliche Rechte inklusive der Autorenschaft an die Band abtritt. Solche Rechte-Buyout-Verträge sind durchaus üblich, viele meiner Aufnahmen können meine Kunden einfach verwenden und weitergeben, ohne auf meine Autorenschaft hinzuweisen oder mich extra zu entlohnen. Allerdings zahlen die dann auch dafür. In diesem Fall läßt die Band halt den Kunden des

Fotografen zahlen. Im Vertrag liest sich das so:

Photographer hereby agrees and understands that the Photographs (including the negatives and all derivatives thereof) constitute „works made for hire“ (as defined under the U.S. Copyright Act of 1976 and for the purpose of all other copyright laws throughout the world) created for Artist and that Photographer is rendering his services as an „employee for hire“ (as defined under the U.S. Copyright Act of 1976 and for the purpose of all other copyright laws throughout the world) and that Artist shall be the author of the Photographs and shall own all rights (under copyright and otherwise) in and to the results and proceeds of all such services rendered by Photographer hereunder throughout the universe, in perpetuity, with the right to make such changes in and such uses thereof, for all media now known or hereafter devised as Artist may determine as author.

Fiese Nummer, geschickt formuliert, ich hab es auch erst beim zweiten Lesen kapiert.

Und falls Bilder illegalerweise irgendwo verwendet werden, wird pro Verstoß eine Strafe von 30.000 Dollar pro Bild fällig:

In the event Photographer uses or authorizes the use of the photographs in breach of this Agreement, in each such breaching instance the photographer shall pay Artist $30,000.

Der Vertrag kam vom Management an den Veranstalter erst am Nachmittag vor dem Konzert nach bereits erteilter Akkreditierung, sodass die Hamburger Fotografen kaum ne Chance hatten, die Redaktionen zu informieren – ob sowas Methode hat?

Was ich allerdings toll finde ist die Reaktion meines Kunden: N-JOY: Konzertberichterstattung mit Erwähnung des Boykotts und der Situation der Fotografen sowie ein prominentes Boykott-Bild anstelle eines Bandfotos. Danke!




Vertrags-Roundhouse-Kick: Santana, Linkin Park, Limp Bizkit

28 10 2010

Einmal eine kurze Zusammenfassung der Vertrags-Perlen der letzten Wochen – die üblichen Passagen lasse ich unerwähnt:

Linkin Park

– Magazine dürfen die Bilder nur sieben Tage verwenden.
– Im Linkin-Park-Fotovertrag steht drin, dass Fotografen beim Linkin-Park-Konzert nur Linkin Park fotografieren dürfen
– Das Management darf bei schlechtem Benehmen des Fotografen dessen Equipment konfiszieren und dessen Filme (sic!) zerstören.

Santana
Ich glaube, der längste und komplizierteste Fotovertrag, den ich bisher gesehen habe – witzige Randnotiz: Auf dem Scan sieht man noch die Löcher der Tackerklammer.

– Dafür, dass das Santana-Management einem die Fotoberechtigung gewährt, hat der Fotograf „nicht später als 14 Tage jede (sic!) Aufnahme“ von der New Santana Band oder Carlos Santana zuzusenden. Selbstverständlich gewährt der Fotograf dem Management sämtliche

Rechte, inkl. kommerzielle Verwertung. Aber: Dafür soll der Fotograf namentlich genannt werden – wie nett.

Interessanterweise gab es einen Nachtrag nach Protesten der Fotografen: Eben beschriebener Absatz durfte gestrichen werden, wenn der Akkreditierte für eine Agentur (aber nur für die, freie Fotografen ohne Agentur mussten den Passus drin lassen) tätig ist.

Limp Bizkit
Dem Zusenden des Vertrages ging eine Akkreditierungs-Zusammenstreichung voraus, sodass weniger als eine Handvoll überhaupt auf der Foto-Liste standen. Zu dem Konzert ist aber aus Protest kein Fotograf erschienen – hier hatte ich schon drüber berichtet.




Vertragsperlen: Limp Bizkit

22 09 2010

Mal wieder ne schöne Sache für den Foto-Vertrags-Pranger – sowas steht im Fotovertrag für die Rocker von Limp Bizkit, hatte mich wirklich gefreut,

die zu fotografieren, aber vermutlich werde ich mit dem um die kritischen Passagen gekürzten Vertrag ni

cht arbeiten dürfen…

– ausschließlich für eine Publikation (inzwischen leider normal)

The worldwide copyrights (and all renewals and extensions thereof) in the Photographs are from the inception of their creation

and forever thereafter owned solely by Limp Bizkit / LB (and their designees).

Fotograf oder Verlag hat vor weiterer Veröffentlichung beim Management um Erlaubnis zu bitten, die Bilder weiternutzen zu dürfen. Die Zusage oder Absage muss absolut diskret behandelt werden. Im Falle einer Nichtauthorisierung wird mit allen Mitteln gg. Fotograf und Verlag vorgegangen.

The worldwide copyright in the aforesaid concert (and all elements thereof) together with all rights of reproduction, distribution, publication, and dissemination by any and all means and methods are exclusively owned and controlled by Limp Bizkit / LB Entities, Inc. (and their designees).

Aber das Beste zum Schluss:

***PLEASE EMAIL A LINK TO D***@XXX.COM AND K***@XXX.COM WITHIN 12 HOURS AFTER THE SHOW TO DOWNLOAD ALL PHOTOS FROM THE SHOW***

Herrlich oder? Ich überlege, den beiden mal ne Interview-Anfrage zu schicken, was sowas soll, und ob das jemand macht… sonst noch Fragenvorschläge an die beiden?




Spontanes Protestfoto gg. Rammstein-Vertrag

15 12 2009

Noch weiß ich nicht, wie erfolgreich der Boykott final nun war, aber rund 20 Fotoschaffende haben ihre Unterstützung gegen den Rammstein-Vertrag bekundet, für das spontan geplante Protestfoto der Hambu

rger Konzerfotografen waren immerhin 9 Kollegen da. Offenbar hat die Mopo einen schwarzen Kasten gedruckt und über den Protest berichtet, auch wenn nicht so viele da waren, ist das finde ich ein Anerkennungserfolg. Im ConcertBlog ist die Aktion auch erwähnt, hier nochmal der Wortlaut unserer Meldung:

Konzertfotografen in Hamburg

Hamburger Konzertfotografen boykottieren das Rammsteinkonzert am 14.12.2009 aufgrund von Knebelvertraegen. Stellvertretend auch fuer viele weitere Kollegen trafen sich spontan die Fotografen Philipp Szyza – 2-kameraden, Christian Fischer – Buehnenblicke, Rainer Merkel, Joerg-Martin Schulze – jms-photo, Carsten Schem – Concert Views, Marco Maas – Fotograffirma, Heiko Sehrsam – Pics Hamburg, Nicola Ruebenberg – Face To Face, Isabel Schiffler – Jazz Archiv, Markus Lubitz – Jazz Archiv zum gemeinsamen Protestfoto.

Der Vertrag der Rammstein GbR reduziert u.a.

die Verbreitungsmoeglichkeiten der Konzertfotos auf ein einziges, namentlich zu bezeichnendes Medium und beinhaltet, dass Rammstein die Bilder gratis für eigene Zwecke nutzen darf. Bildjournalistinnen und -journalisten sollen der Band gestatten, Fotos für die Nutzung auf Webpages von Rammstein oder dem Management der Band ohne gesonderte Verguetung nutzen.

jfdghjhthit45



Fotovereinbarungen und Fotoboykott Rammstein

8 12 2009

Gestern wurde der Hamburger Fotografenschaft der aktuelle Rammstein-Fotovertrag zugeflüstert. (s. auch entsprechenden Beitrag bei Peter in der Konzertfoto-FAQ) Di

e Verträge gelten als die härtesten überhaupt, wichtigste Eckdaten:

– ausschließlich redaktionelle Berichterstattung für EIN Medium, Nutzung der Bilder für maximal 1 Jahr.
– pauschaler und expliziter Ausschluss von Online-Medien

Weitergehende Verwertungsrechte werden Seitens RAMMSTEIN nicht übertragen und sämtliche weitergehenden Rechte bleiben vorbehalten.

PARTNER räumt RAMMSTEIN das Recht ein (inhaltlich, örtlich und zeitlich unbeschränkt), die Fotografien auf durch RAMMSTEIN und/oder ihrem Management betriebenen Webpages ohne gesonderte Vergütung abzubilden; für diese Zwecke wird PARTNER RAMMSTEIN auf Anforderung die den Fotografien zu Grunde liegenden Negative, Dateien o.ä. zur Verfügung stellen. PARTNER steht dafür ein, daß Rechte Dritter dieser Verwertung nicht entgegenstehen. Die Rechtseinräumung ist durch das durch RAMMSTEIN PARTNER eingeräumte Recht zur Nutzung der Fotografien im Umfang des Vertrages abgegolten.

Und damit alles seine Ordnung hat:

Diese Vereinbarung unterliegt deutschem Recht. Gerichtstand ist

Berlin.

So, wie es aussieht, wollen sich alle Hamburger Fotografen an dem Boykott beteiligen. Ich habe gerade leider keine Zeit, die rechtlichen Aspekte des Vertrages zu diskutieren, bei Peter (s. o.) ist die Diskussion dazu auch bereits in Gang.

jfdghjhthit45



Abendblatt über Fotoboykott bei Tom Jones

8 10 2009

Ich hatte die letzten Tage so gar keine Luft für andere Dinge, deswegen ist der Tom-Jones-Fotografen-Boykott hier noch kein Thema gewesen. Aber: Es klappt erfreulicherweise auch ohne mich. Das Hamburger Abendblatt stellt sich mit einer //www.abendblatt.de/kultur-live/article1217291/Keine-Fotografen-vor-dem-Freigehege-des-Tigers-Tom-Jones.html“>Glosse hinter die Fotografen und veröffentlicht den Artikel mit einem Foto-Platzhalter:

Keine Fotografen vor dem Freigehege des Tigers Tom Jones

7. Oktober 2009, 06:00 Uhr
Mensch, Tom, wir hätten dich gerne gezeigt, ehrlich, in all deiner nicht mehr kolorierten grauen Löckchenpracht und mit deinem Tigerlächeln im tränensackbefreiten Gesicht. Schließlich kommst du heute Abend bei uns in Hamburg vorbei, und auch wenn das nicht mehr viele so sehen: Du bist ein Großer.

HAMBURG. Vielleicht kannst du auch gar nichts dafür, dass dein Management sich so danebenbenimmt. Aber nachdem wir mitbekommen haben, dass Fotografen, die dich auf deinem Konzert im CCH ablichten wollen, einen Knebelvertrag unterschreiben müssen, ist uns irgendwie alle Lust auf ein Foto von dir vergangen. Darum bleibt die Fläche links neben diesem Text heute mal frei; vielleicht inspiriert sie deine Fans zum Ausmalen?

Was die Freude auf meiner Seite allerdings wieder

ein wenig schmälert: Die Abendblatt-Web-Kollegen können offenbar nicht ohne Bildergalerien leben und haben eine Galerie aus Archivbildern erstellt, die die Solitaritätsbekundungen leider wieder etwas relativieren.

(Rahmenbedingungen waren im Grunde genommen: Keine Agenturfotografen, Jones erhält das Recht, kostenlos jedes beliebige Foto zu Werbezwecken zu verwenden, Akkreditierung nur mit bestätigtem Auftrag).

UPDATE: Peter hat eine etwas deprimiertere Meinung als ich.

jfdghjhthit45



Und täglich grüßt das Coldplay-Tier

17 08 2009

Ich habe vorhin per E-Mail den Fotovertrag für das Coldplay-Konzert am 25.08. in Hannover bekommmen, zu dem an sich schon alles strix.net/?p=936″>gesagt ist. Wir werden mal wieder definitiv nicht hingehen, und ich hoffe, dass sich jemand findet, der da einen Boykott organisiert.

Aus dem Vertrag:

You hereby transfer and assign to us with full title guarantee

the entire copyright and all extensions and renewals throughout the world (including by way of present assignment of future rights) and all rights of a similar nature in the Photographs.

We shall be entitled to assign transfer sub-license mortgage charge or otherwise dispose of our rights hereunder to any person or entity without reference to you.

Ergänzt um den Hinweis des Veranstalters:

ACHTUNG: Es reicht NICHT, den Vertrag ausgefüllt zur Show mitzubringen, da er einige Tage vor der Veranstaltung nochmals zur Tourleitung geschickt werden muss.

Mal gucken, wie die (Bild-) Berichterstattung so aussehen wird.

Update: Gerade gesehen, Sebastian hat auch drüber geschrieben.

Update 2: Peter hat auch was geschrieben und ein.

jfdghjhthit45



TAZ boykottiert die Leichtathletik-WM

6 08 2009

Vermutlich haben es außer mir schon alle mitbekommen, dann ist es eher die selbst auferlegte Chronistenpflicht, die mich den etik-WM Berlin 2009 wegen der Akkreditierungs- und Überprüfungs-Praxis hier erwähnen läßt.

Zwei Formulare mussten im Vorfeld der WM ausgefüllt werden, eines mit Angaben zur Person und der auftraggebenden Zeitung. Das entspricht dem üblichen Prozedere. Doch das BOC verlangte mehr: zusätzlich eine „Einverständniserklärung zur Durchführung einer Zuverlässigkeitsprüfung“ der Person „gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 5 ASOG Berlin“. ASOG, das steht für das Allgemeine Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin. In dem besagten Paragrafen steht, dass „die Ordnungsbehörden und die Polizei personenbezogene Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs übermitteln können, soweit das erforderlich ist oder der Auskunftsbegehrende (das BOC; d. Red.) ein berechtigtes Interesse geltend macht (…).“

Unterschreibt man diese Einverständniserklärung, dann läuft eine geölte Maschinerie der Überprüfung an. Das BOC stellt umgehend eine Anfrage beim Polizeipräsidenten in Berlin (Landeskriminalamt 574) „über Erkenntnisse“ zur Person. Folgende Datensammlungen der Polizei werden genutzt zum Personencheck: das Landesdatensystem POLIKS, das

Informationssystem Polizei INPOL, INPOL neu – das ist eine bundesweite Staatsschutzdatei, Dateien des polizeilichen Staatsschutzes Berlin, die Datei „Gewalttäter Sport“ sowie „vergleichbare Datensammlungen der Polizei des Bundes und der Länder“, wie es heißt.

Doch damit nicht genug. Der Antragsteller muss auch noch einwilligen, „dass durch das LKA 574 eine Anfrage bei der Verfassungsschutzbehörde des Landes Berlin“ erfolgt. Eingebunden sind darüber hinaus der Verfassungsschutz der Länder und des Bundes sowie der Bundesnachrichtendienst. Wer da nicht mitmacht, kriegt keine Akkreditierung.

Da die WM durch die privatwirtschaftliche BOC organisiert wird, scheint es keine Rechtshandhabe zu geben, gegen diese überzogene Sicherheitspolitik vorzugehen. Wieder sind es hauptsächlich die freien Kollegen, die gar keine andere Chance haben, als sich zu akkreditieren und die Gängelung über sich ergehen zu lassen, wenn sie überhaupt berichten wollen. Interessant auch:

Verwunderlich ist in diesem Verfahren auch, dass die Datei „Gewalttäter Sport“ mit aufgeführt ist in der Prüfliste des LKA. Denn das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat im Dezember 2008 ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover bestätigt, dass es keine Rechtsgrundlage für die Speicherung von etwa 10.000 Fußballfan-Daten in diesem Register gibt; eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht steht aus.

„Es lag nahe, dass die Zuverlässigkeitsprüfung wegen der Größe und der Internationalität der Veranstaltung gemacht wird“, sagt Cem Herder, Sprecher des Organisationskomitees. Zwei ehemalige Polizeidirektoren kümmerten sich innerhalb des BOC um Sicherheitsaspekte, erklärt er, Exekutive und BOC arbeiteten eng zusammen.

Ich hab mal die Kategorie „Pressefreiheit“ angelegt, vermutlich gibt es da in den nächsten Wochen und Monaten noch ein paar Fälle mehr. (via fefe)

jfdghjhthit45