Kommenden Sonntag wird Heide Simonis putzen. Um ihre Nervosität vor dem Ausgang der Landtagswahl in Schleswig-Holstein abzubauen. Schließlich könne sie dann „sowieso nichts mehr ändern“.
Das Paroli-Fernseh-Duell zwischen CDU-Spitzenkandidat Peter Harry Carstensen und Ministerpräsidentin Heide Simonis beginnt freundlich. Moderatorin Gabi Bauer will wissen, wie die Kandidaten den Wahltag verbringen werden. Peter Harry Carstensen trifft gemeinsam mit seiner Familie die Bewohner von Nordstrand im Wahllokal, „da kennt jeder jeden, man kann da en beten snacken .“ Frau Simonis sei ihm dort ein willkommener Gast: „Ich würde sie dann gern auch noch zu mir zum Putzen einladen, damit es dann auch gleich bei mir sauber ist.“
Sparen in der Verwaltung – aber wo?
Erster Punkt für Carstensen – die Fronten sind geklärt, Bauer wendet sich den größten Problemen des Landes zu. Der CDU-Spitzenkandidat stellt einige seiner Sparmaßnahmen vor: Er will 2.000 Stellen in der Verwaltung streichen, wirft Simonis vor, Bundes-Fördergelder in Höhe von 50 Millionen Euro nicht eingefordert zu haben, die für den Flughafenausbau hätten verwendet werden können. Simonis kontert und stellt das Einspar-Potenzial in Frage. „Es ist ja nicht so, dass hier 2.000 Leute rumstehen würden und nichts zu tun hätten. Sparen in der Verwaltung – aber wo? Ne, ne, ne – das sind alles Aufgaben, die gemacht werden.“
Zwischen Du und Sie
Dringendstes Problem in Schleswig-Holstein ist die hohe Arbeitslosigkeit. Sie liegt mit 12,7 Prozent um 2,6 Punkte über dem westdeutschen Durchschnitt. Carstensen macht die rot-grüne Politik dafür verantwortlich. Er wirft der SPD vor, mehr als 20.000 Arbeitsplätze in den vergangenen 17 Jahren vernichtet zu haben: „Man muss auch mal die Zahlen sprechen lassen.“ Simonis begründet die dramatische Arbeitsplatz-Situation mit dem vollzogenen Strukturwandel, verweist darauf, zukunftsträchtige Arbeitsplätze geschaffen zu haben.
Der Carstensen-Kranich
Weiterer Streitpunkt ist der Ausbau des Flughafens in Lübeck. Hier wirft Carstensen der Rot-Grünen Regierung eine zu umweltorientierte Politik vor. Diese gefährde Arbeitsplätze. „Es kann nicht sein, dass ein brütender Kranich wichtiger ist als ein Arbeitsplatz.“ Fast schon mantrisch spricht Carstensen wie schon auf fast allen seinen Wahlkampf-Veranstaltungen von diesem Vogel. Redet sich in Rage, fabuliert – nach etwa einer Minute fragt Simonis: „Darf man diesen Redeschwall noch einmal unterbrechen?“, bezeichnet die Ausführungen von Cars
tensen als „Tünkram“, kontert mit dem Verweis auf EU-Richtlinien, die beachtet werden müssten, weist auf eine Verzögerungen bedingt durch CDU-Politiker hin.
Simonis zu wenig auf dem Land
Carstensen punktet zunächst in Sachen Bildungs- und Schulpolitik, kritisiert die SPD-Linie, wirft Simonis vor: „Liebe Frau Simonis, sie sind ein bisschen zu wenig auf dem Land.“ Dann jedoch verfällt er wieder in platte Wahlkampf-Floskeln und ergänzt: „Kurze Beine, kurze Wege.“
Ohne A20-Ausbau keine Rot-Grüne Koalition
Erstaunt zeigte sich Simonis über die Absage der Grünen zum weiteren Ausbau der A20. Diese Maßnahme sei bereits in zwei Legislaturperioden beschlossen – und schließlich könne die Autobahn ja „nicht im Nirvana enden“. Gleichzeitig legte sie sich auf Nachfrage von Bauer fest: „Ohne den Ausbau der A20 gibt es keinen Koalitionsvertrag mit den Grünen.“ Anderen Koalitionen steht Simonis sehr skeptisch gegenüber: Eine große Koalition fände sie „nicht so witzig“, auch eine vom SSW gedultete Minderheiten-Regierung wolle sie nicht haben. Ganz ausschließen könne sie diese jedoch nicht, schließlich müsse ja „irgendwas übrig bleiben.“ Auffällig schont CDU-Spitzenkandidat Carstensen seinen möglichen Koaltionspartner Wolfgang Kubicki. Er bescheinigt dem FDP-Spitzenkandidat „gute Arbeit“. Dessen Zitat, die CDU führe einen „grottenschlechten Wahlkampf“ sei nicht bedenklich, schließlich müsse „man in den betreffenden Interviews mehr lesen als nur die Überschriften“.
Simonis: Siegerin mit Start-Schwierigkeiten
Simonis wirkt im Vorfeld der Sendung angespannt, beim Fototermin ignoriert sie zunächst die Fotografen, muss sich erst aufraffen, um sich dann ein Lächeln abzuringen. Ganz im Gegenteil dazu CDU-Herausforderer Peter Harry Carstensen – er scherzt schon vor der Sendung mit den geladenen Medienvertretern, versucht sich für jeden Fotografen richtig in Szene zu setzen, genießt die Aufmerksamkeit. Insgesamt überzeugt Simonis mehr als Carstensen. Der verstrickt sich häufig in Details, die für den Zuschauer nicht nachvollziehbar sind. Er benutzt bodenständige Vergleiche, spricht von „Rückenwind bei vollen Segeln“, betet zeitweise mehr sein Partei-Programm herunter, verrennt sich häufiger in Platitüden. Wenn Bauer konkret fragt, schwafelt er manchmal, erst auf Nachfrage wird er konkret. Simonis dreht erst während der Sendung auf und findet zu ihrer bekannten Schlagfertigkeit. Es gelingt ihr, die CDU-Argumentation meist in kurzen Sätzen überzeugend entkräften.
zp8497586rq
Neueste Kommentare