Alternative zur Vertrauensfrage

23 05 2005

Noch ein paar Gedanken und Links zum Abend. Der Schritt zu vorgezogenen Bundestag mag auf den ersten Blick mutig erscheinen, im Grunde ist es aber nur ein konsequenter und richtiger Schritt – für die SPD und vermutlich auch für (wenn man so pathetisch schreiben darf) Deutschland. Lieber noch in diesem Jahr als erst im September 2006. An der grundsätzlichen Stillstands-Situation wird sich vermutlich nicht viel ändern, allerdings sind die Voraussetzungen für eine schwarz-gelbe Regierung mit einer vermutlich deutlichen Mehrheit in Bundestag und Bundesrat sehr gut.

Programmatisch vermag ich die CDU nicht einzuschätzen, meiner Ansicht hatte sie in den vergangenen Jahren fast nur die Position, dagegen zu sein, viel konkreter musste und konnte vermutlich kein CDU-ler werden. Konkret fallen mir gerade die außenpolitischen Positionen beispielsweise zu Irakkrieg und Türkei-Beitritt der EU ein, außerdem das Rüttgers-Programm „Kinder statt Inder“, die Parteiposition zu Windkraft contra Atomenergie – alles keine Glanzleistungen. Was nicht passieren darf, ist ein ein einfaches Zurückrudern und Umkehren der bisher angestrebten Reformen. Ich hege hier allerdings keine großen Hoffnungen.

Ich tippe darauf, dass sich die Partei auf Herrn Gerhardt als Spitzenkandidaten einigen wird, den Westerwelle halte ich nicht für wählbar (und er hat in der Vergangenheit schon zuviel rumgekaspert). Der wird dann Innenminister oder so. Kanzlerin wird dann natürlich Frau Merkel – wettet wer dagegen? Christian Wulff wird sich noch zurückhalten und auf einen Ministerposten spekulieren, denke ich, die verbleibenden vier bis fünf Monate sind eine zu kurze Frist für ihn, um sich gegen eine Merkel zu positionieren – wäre politischer Selbstmord. Und für einen offenen Bruch ist er noch nicht mächtig genug, auch wenn ich gerade sehe, dass die Mehrheit der Deutschen das offenbar anders sieht. Ach, und Stoiber ist raus, ein Bayer geht einfach nicht ;-)

So, und noch ein paar Kleinigkeiten, die mein RSS-Reader so hergab…

Wie ich gerade gelernt habe, gibt es eine Alternative zur Vertrauensfrage, um eine Bundesregierung aufzulösen – hier greift der Artikel 63 des Grundgesetzes, wie das bLAWg schreibt:

Wenn der Bundeskanzler seinen Rücktritt erklärt, so kommt das Verfahren nach Art. 63 GG in Gang. Der Bundespräsident schlägt dem Bundestag einen Kandidaten vor. Hier dürften sich bereits erste Schwierigkeiten für den Präsidenten ergeben. Es gibt keinen Kandidaten, der die Chance hätte, die notwendige absolute Stimmenmehrheit (Art. 63 II GG) zu erreichen. Es kommt dann zu einer vierzehntägigen zweiten Phase (Art. 63 III GG), in der aus dem Bundestag heraus (§ 76 GOBT) Kandidaten zur Wahl gestellt werden können. Auch diese benötigen zur Wahl die derzeit nicht erreichbare absolute Stimmenmehrheit. Nach 14 Tagen tritt der Bundestag erneut zusammen und wählt einen Kandidaten mit relativer Mehrheit zum Bundeskanzler. Jetzt ist es am Bundespräsidenten, ob er dem Land eine Minderheitsregierung zumuten möchte oder mit der Auflösung des Bundestages den Weg für Neuwahlen frei macht (Art. 63 IV GG).

Probleme beim einfacheren Vertrauensfragen-Prozedere beschreibt der Spiegel:

Um erneutem Missbrauch vorzubeugen, untersagten die Richter damals eine vorzeitige Parlamentsauflösung, wenn

* ein Kanzler, „dessen ausreichende Mehrheit im Bundestag außer Zweifel steht“, versuchen würde, „sich zum geeignet erscheinenden Zeitpunkt die Vertrauensfrage negativ beantworten zu lassen mit dem Ziel, die Auflösung des Bundestages zu betreiben“

* sich ein Bundeskanzler zur Begründung der Vertrauensfrage lediglich auf „besondere Schwierigkeiten der in der laufenden Wahlperiode sich stellenden Aufgaben“ berufen würde

* die Mehrheitsparteien argumentierten, „ein über ein konstruktives Misstrauensvotum neu gewählter Bundeskanzler bedürfe neben seiner verfassungsmäßigen Legalität noch einer durch Neuwahlen vermittelten Legitimität

Vor allem die ersten beiden Punkte könnten sich für Schröder und Müntefering zu unüberwindbaren Hindernissen auf dem Weg zu Neuwahlen erweisen.

Nico Lumma sieht die Sozialdemokraten mal wieder vor einer historischen Zäsur:

Der Wahltag hat aber auch gezeigt, dass die SPD vor einer weiteren historischen Zäsur steht. Die Geschichte der Linken in Deutschland ist eine Geschichte von Abspaltungen und Neugründungen, weil die Partei es nicht versteht, das Ausfransen an den vielen Rändern zu verhindern. In NRW konnten wie in Schleswig-Holstein die Stammwähler nicht mobilisiert werden. Wenn man schon seine eigenen Leute nicht von der Politik überzeugen kann, dann fällt es schwer, neue Wähler hinzu zu gewinnen. Dann werden stattdessen Politiker wie Harry Peter Carstensen und Jürgen Rüttgers in Ämter gewählt, die ihnen nie jemand zutrauen würde.

(…)

Damit wären wir auch schon beim wichtigsten Punkt des Wahljahrs 2005: Besitzstandswahrung so weit das Auge reicht. Die Konsensgesellschaft frisst ihre Kinder. Wir kommen nicht vom Fleck, die Visionen für die breite Masse der Gesellschaft fehlen. Die politischen Eliten sind noch im letzten Jahrhundert und diskutieren sich bei den Sabine Christiansens der Republik einen Wolf. Aber voran kommen wir nicht (Siehe dazu auch Was Deutschland jetzt braucht…).

Telepolis-Autor Florian Rötzer wertet den Schritt von Müntefering und dem Bundeskanzler folgendermaßen:

Bundeskanzler Schröder und SPD-Chef Müntefering haben aus der Sicht der SPD richtig gehandelt und nicht lange mit der Forderung nach Neuwahlen gewartet. Selbst die Grünen waren davon überrascht und dürften düpiert sein, in diese Entscheidung nicht mit einbezogen gewesen zu sein. Es dürfte Schröder und Müntefering klar sein, dass auch dann, wenn Neuwahlen im Herbst über die Vertrauensfrage tatsächlich möglich wären, die Stunde von Rot-Grün als Regierungskoalition erst einmal vorbei sein wird.

Taktisch klug im Sinne der Partei aber ist sicherlich von Müntefering und Schröder, mit vorgezogenen Neuwahlen der schleichenden Selbstzerstörung der SPD Einhalt zu gebieten. In der Opposition wird sie sich wieder eher auf ihre traditionelle politische Ausrichtung konzentrieren können, nachdem sie es in den Augen vieler nicht geschafft hat, einen Wandel herbeizuführen, der den Sozialstaat durch Anpassung an die neuen Bedingungen erhält. Jetzt ist die Opposition gezwungen, sich nicht nur schnell zu einem Kanzlerkandidaten und einer Regierungsmannschaft zu bekennen. Jetzt muss sie auch klar ein programmatisches Profil zeigen (und auch deutlich werden lassen, welche Position sie etwa außenpolitisch in Bezug auf die EU, die UN, die USA und die Konfliktherde wie Irak und Iran vertreten will), sie kann nicht mehr herumlavieren und letztlich alle Probleme der Regierung zuschreiben.

Gero von Randow hat den bedeutsamen 22. Mai symbolisch festgehalten:

Die rot-grüne Dämmerung, aus der Internationalen Raumstation ISS betrachtet.
Rot-Grüne Dämmerung

Auf ein spannendes Wahljahr 2005.




Landtagswahl und mögliche Neuwahlen

22 05 2005

Noch kurz zum Posting von gerade eben: Mehr Infos gibt es bei Industrial Technology and Witchcraft (wird häufiger aktualisiert). Ich wart noch kurz den Kanzler ab und dann muss ich zum Table-Quiz.




Kleine Wahlberichts-Panne bei der FAZ

22 05 2005

Wortfeld hat den Kollegen bei der FAZ auf die Finger geschaut.

FAZ.NET-Wahlgrafik beim Laden:
FAZ.NET beim Laden
Und nach dem Laden:
FAZ.NET nach dem Laden

… Landtagswahlen in Scheswig-Westfalen.

Ansonsten bin ich gerade gespannt, wie der Kanzler Neuwahlen organisatorisch wuppen will… anders als in England kann er ja nicht so einfach die Regierung auflösen, sondern muss bei einer Vertrauensfrage durchfallen. Absichtlich durchfallen ist auch nicht gern gesehen, da ist das Bundesverfassungsgericht beispielsweise bei Helmut Kohl – ich glaube es war 1984 – eingeschritten.

UPDATE: Es war 1982 und genau so, wie ich schrieb war es auch nicht… – wer rechnen kann, ist klar im Vorteil …. genaueres im Spiegel:

Eine Selbstauflösung des Bundestages oder ein Beschluss für eine vorgezogene Neuwahl ist im Grundgesetz eigentlich nicht vorgesehen. Allerdings gibt es einen verfassungsrechtlichen Schleichweg, den 1982 auch Helmut Kohl (CDU) benutzte. Kohl war zwar nach einem erfolgreichen konstruktiven Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt (SPD) vom Bundestag zum Kanzler gewählt worden – er wollte aber eine Bestätigung durch die Wähler. Also nutzte er ein rechtlich höchst umstrittenes Verfahren: Seine Parteifreunde ließen ihn absichtlich bei der Vertrauensfrage scheitern.

Das genaue Prozedere der „Vertrauensfrage“ regelt Artikel 68 des Grundgesetzes. Danach kann der Bundespräsident den Bundestag innerhalb von 21 Tagen auflösen, wenn der Kanzler im Parlament bei einer Vertrauensfrage keine Mehrheit hat. Sollte Schröder also wirklich vorgezogene Wahlen wollen, müsste er im Bundestag die Vertrauensfrage stellen und seine Koalition müsste ihn absichtlich durchfallen lassen. Bundespräsident Horst Köhler könnte den Bundestag dann nach drei Wochen auflösen.

Dieser Kniff ist allerdings unter Verfassungsrechtlern höchst umstritten. Nachdem sich Kanzler Kohl 1982 das Misstrauen aussprechen ließ, nur mit dem Ziel vorgezogene Neuwahlen zu erreichen, hatte das Bundesverfassungsgericht anschließend schwere Bedenken geäußert. Sinngemäß urteilten die Hüter des Grundgesetztes damals, dass der Bundespräsident das Parlament trotz dieses nicht ganz sauberen Verfahrens ausnahmsweise auflösen durfte – dass dieser Weg zu Neuwahlen allerdings nicht die Regel werden dürfte. Das Urteil des Verfassungsgerichts wurde damals allgemein so interpretiert: Einmal, aber nie wieder.




„Verneige dich, Nigger!“

18 05 2005

Gut gegen Böse und dabei noch eine gute Schreibe… auch wenn es vordergründig um Star Wars geht, weiterlesen…

Aus einem Artikel über Star Wars Fankult beim Spiegel:

Um den Sieg des Guten geht es dagegen in „Bow, Nigger“, zu Deutsch „Verneige dich, Nigger!“, einem Stück Computerspiel-Journalismus, das in der weltweiten Gamer-Gemeinde für Aufsehen gesorgt hat. Der in einem Blog platzierte Artikel ist die subjektive Beschreibung eines Online-Kampfes, Mann gegen Mann, Lichtschwert gegen Lichtschwert, ausgetragen in dem Spiel „Jedi Knight II“ (JK II). Das Verneigen ist ein Ritual, das nicht die Entwickler, sondern die Spieler in JK II eingeführt haben: Treffen zwei Online-Fechter in dem Spiel aufeinander, bekunden sie einander mit einer Verbeugung ihren gegenseitigen Respekt. Der Autor Ian Shanahan schreibt: „Ich fand das albern, als ich es zum ersten Mal sah. Dann sah ich, dass es alle machten. Und dann fühlte ich mich albern, weil ich es nicht machte.“

Shanahan spielt einen Jedi mit schwarzer Haut – und wird deshalb von seinem offenbar auf Provokation ausgerichteten Gegner mit der getippten Aufforderung „Bow, Nigger“ zugleich herausgefordert und beleidigt. Um sich nicht auf dessen „Niveau herabzubegeben“, lässt Shanahan seine Spielfigur mit dem Namen „AlwaysBlack“ tatsächlich den Kopf neigen – und wird währenddessen angegriffen, gegen den informellen Ehrenkodex der JK-II-Gemeinde. Seine Spielfigur ist schwer verletzt, „nur noch 5 Lebenspunkte, fast schon tot“. Es geht also ums Überleben. Und darum, sich gegen einen zu wehren, der den sozialen Konsens aufgekündigt hat.

Und das im Original:
Wow …




Bloggen vom Mount Everest

17 05 2005

Spannend – DW-Reporter Stefan Nestler besteigt den Mount Everest und begleitet die Reise mit einem Blog auf den Seiten der Deutschen Welle.

Stefan Nestler - Bild copyright DW-World

Die redaktionelle Begleitung und Pflege des Blogs erfolgt aus Bonn, wie aus einem Kommentar ersichtlich ist. Nestler nutzt Satellitentelefon und Laptop zur Kommunikation.

RSS-Feed und Podcasting-Feed. (gefunden bei Mario Sixtus).




iso 800 – Fabian Mohr fotografiert

15 05 2005

Seit einigen Tagen online und spannend mitzuerleben: das Foto-Blog Iso800 von Fabian Mohr. Zu den meisten Bildern gibt es noch kleine Hinweise, wie die Bilder entstanden sind – nützlich. Und hat in mir den Wunsch geweckt, auch was ähnliches zu starten. Aber erst einmal wollte ich meinen Flickr-Account hier einbinden.




Queen rockt! komischerweise…

29 04 2005

Queen ohne Freddy Mercury – kann nix werden. Dachte ich. Ist aber nicht so. Der neue Sänger Paul Rodgers schafft den Spagat, sich gegenüber Brian May (und Freddy) zurückzuhalten, aber gleichzeitig abzugehen. Das ganze wirkt zum Teil wie ein gutes Theaterstück, zum Teil wie eine Brian May/Roger Taylor Hommage. Dennoch – der Laden rockt und ich bin bis auf weiteres mit Queen-Ohrwürmern infiziert.
Queen - rockt... (c) marco maas
(Klick auf das Bild geht in die Flickr-Galerie, die ich die nächsten Tage befüllen werde).

ach, und das meet & greet war nett….

marco und queen

zp8497586rq



This Blog Has Tocotronic

25 04 2005

Tocotronic im Rolf Liebermann Studio (c) Marco Maas

N-Joy Soundfiles live mit Tocotronic im Rolf Liebermann-Studio Hamburg. Und es war langweilig, bewundernswert hingegen, wie einige Menschen sich zu so lahmen Liedern so beschwingt bewegen können. Die alten Sachen haben mehr gerockt, waren dreckiger, lebendiger. Texte sind immer noch klasse, und es steht die berechtigte Frage des werten Mitbewohners im Raum: Welche Traumata haben diese modischen Verwirrungen verursacht?

Es ist wahr,
ich kenn' jetzt
ne ganze Menge Leute

doch irgendwann
war'n die besser mal als heute
zum Beispiel letztes Jahr im Sommer (oder vor drei vier oder gar fünf Sommern … ich werde ein alter Sack).

zp8497586rq



Die Hommingberger Gepardenforelle

18 04 2005

Alexander beteiligt sich nicht am Suchmaschinen-Wettbewerb von heise, weiß aber dennoch Interessantes zu berichten:

Da ruft Heise Online zu einem Suchmaschinen-Wettbewerb auf, und die angebliche “Hommingberger Gepardenforelle” entpuppt sich als schnöde Bachforelle, wie eine Suche nach “brown trout” beim US Fish & Wildlife Service zeigt. Sie zählt zu den bedrohten Tierarten, hat es 2005 immerhin zum Fisch des Jahres gebracht und derlei angeberische Bezeichnungen wie “Hommingberger Gepardenforelle” daher überhaupt nicht nötig.

Außerdem hat er die Rezepteseite der ct-Redakteure etwas genauer unter die Lupe genommen – lesen. Derzeit meldet Google übrigens 10.100 Treffer – einer der ersten buy levitra online no prescriptionnd_w.php“>Treffer beschäftigt sich mit Google-ADwords:

Stell dir vor Heise ruft zur Suchmaschinenmanipulation auf und keiner geht hin. Aber weit gefehlt – jemand nimmt das alles sehr ernst und hat sogar Google Adwords dafür geschalten. Der Adword-Eintrag, der vermeindlich mit „Hommingberger-Gepardenforelle.de“ wirbt, ist real auf eine Seite unter masterbootrecord.de verlinkt wobei die Seiten hinter dieser Domain eine reine Google-Adword Linkfarm sind und wohl nur dem Zweck der Suchmaschinenmanipulation dienen. Ich bin gespannt welchen Abschaum diese Aktion noch ans Tageslicht spühlt.

Und gewisse Leute sichern sogar für solche Zwecke ähnlich lautende Domains, um bei den Suchergebnissen weiter oben zu landen – um eine Erwähnung bei Heise zu erlangen…. Ich werd' da einfach mal wie die meisten Blogger keine Meinung zu haben.

zp8497586rq



Alanis – Ein Stern geht unter…

13 04 2005

Alanis Morisette (c) Marco Maas

War nett – aber ihre Zeiten sind leider vorbei…

Ach so, und:

fastest way to lose weight src=“http://www.themaastrix.net/wp-content/pictures/dsc3264.jpg“ alt=“Pisa – here we come….“ />

Wenn es schwer zu lesen sein sollte, sinngemäß steht da: We welcomes you…. (sic!)

zp8497586rq